Der Kampf von Volkswagen um den Sieg bei der Rallye Dakar 2011 wird aus Sicht der Copiloten unter deutlich geänderten Bedingungen ausgetragen. Carlos Sainz/Lucas Cruz (E/E), Nasser Al-Attiyah/Timo Gottschalk (Q/D), Mark Miller/Ralph Pitchford (USA/ZA) sowie Giniel de Villiers/Dirk von Zitzewitz (ZA/D) müssen sich im Januar auf neue Regeln einstellen, die das Finden der richtigen Route nochmals erschweren.
Bei der Navigation durch das südamerikanische Gelände verlassen sich die Beifahrer auf die Angaben ihres Roadbooks und die Hilfestellungen des GPS-Systems, dessen Rolle sich jedoch von gewohnten Navigationssystemen in Pkw fundamental unterscheidet. Dient die Satellitennavigation im Straßenverkehr dazu, möglichst präzise ans Ziel zu kommen, so sind die elektronischen Funktionen im sportlichen Wettbewerb drastisch eingeschränkt und dienen in erster Linie der Kontrolle. Denn am Ende sollen die navigatorischen Qualitäten der Beifahrer und nicht die der Systeme über den sportlichen Erfolg entscheiden. Auf jeder der 13 Etappen müssen die Teams im Gelände verschiedene Wegpunkte anfahren, die das System registriert – andernfalls drohen Sportstrafen. Die sogenannten versteckten Wegpunkte (WPM – Way Point Masked) eigneten sich bislang schon nicht für die großräumige Navigation, denn sie sind im GPS-System erst ab einem Radius von drei Kilometern vor Erreichen sichtbar geworden. Erst dann dirigierte das System die Teams zu dieser geografischen Koordinate. Sobald sich der Teilnehmer dem Punkt bis auf 200 Meter genähert hat, registrierte das System den Waypoint als erreicht und beendete seine Zielführung. Nun ist der Drei-Kilometer-Radius auf 800 Meter verringert worden.
„Angedacht waren zunächst sogar nur 400 Meter“, erläutert Beifahrer Dirk von Zitzewitz, der zusammen mit Giniel de Villiers die Rallye Dakar 2009 im Volkswagen Race Touareg gewonnen hat. „Das hätte allerdings bedeutet, dass die GPS-Funktion bis zum Erreichen des Zielraumes insgesamt nur 200 Meter lang aktiv gewesen wäre. Bei einer Fahrtgeschwindigkeit von 100 km/h wäre das gerade einmal 7,2 Sekunden – abzüglich einer Trägheit beim Einschalten zu Beginn des Zielraumes. Das ist bereits für uns Profis ein sehr, sehr kurzer Zeitraum. Für Amateure oder sogar Motorradfahrer, die gleichzeitig fahren und navigieren müssen, wäre dieser Zeitraum viel zu kurz gewesen. Sie hätten sich vermutlich verfahren, vielleicht sogar umdrehen müssen und damit Gegenverkehr erzeugt. Deshalb hat der Veranstalter den Radius von 400 auf 800 Meter verdoppelt – eine vernünftige Entscheidung.“
Doch auch mit der Reduktion von 3.000 auf 800 Meter wird es nun deutlich schwieriger, die obligatorisch zu erreichenden Wegpunkte zu finden. „Wir werden langsamer an die Wegpunkte heranfahren müssen“, urteilt Dirk von Zitzewitz. „Das ist ganz im Sinne des Veranstalters. Damit steigt auch die Bedeutung der Navigation im Verhältnis zum Fahren, also die Gewichtung der Rollen von Fahrer und Beifahrer. Ich persönlich freue mich über diese neue Aufgabe. Es wird schwieriger, aber auch interessanter.“
Ein zweiter, neuer Faktor: In den Vorjahren lagen bereits Anfang Dezember detailliertere Angaben zur Route vor. „Früher konnten wir durch den Etappen-Startort, den Anfahrtsweg, Angaben zur Prüfungsdistanz und den Restweg bis ins nächste Biwak erarbeiten, in welchem Bereich sich die Wertungsprüfungen abspielen würden“, analysiert Dirk von Zitzewitz. „In diesem Jahr sind nur noch die Gesamtdistanzen der Transportetappen und der Prüfungen verfügbar. Daher ist die tatsächliche Route kaum abschätzbar. Das bereitet mir eine ruhigere Weihnachtszeit, doch dafür wird es ab dem 30. Dezember umso hektischer. Denn erst bei der Technischen Abnahme erhalten wir nun detailliertere Streckenangaben.“
Da für 2011 ein höherer Offroad-Anteil im Vergleich zu vorhandenen Pistenwegen angekündigt worden ist, erwarten die Teams eine spannendere, anspruchsvollere Route. Die neuen Navigationsregeln werden den Wettbewerb ebenfalls verändern und könnten auch die Ergebnisse im Teilnehmerfeld nivellieren, da Navigations-Profis sich im Vorfeld keinen so großen Vorsprung mehr erarbeiten können. Seit nunmehr 31 Jahren begeistert die Veranstaltung ein weltweites Publikum mit dem sportlichen Wettbewerb von Amateur- und Profi-Piloten. Volkswagen hat den Klassiker 1980 erstmals gewonnen und 2009 sowie 2010 mit TDI-Technik als erster Diesel-Sieger für Furore gesorgt.