Das Kinetische Energierück-Gewinnungs-System KERS ist die größte technische Herausforderung der Saison und – zugleich auch die größte Unbekannte.
Was Kers ist
Das KERS-System kann die Bewegungsenergie (kinetische Energie) des Autos, die beim Bremsen bislang in Form von Reibungshitze verpuffte, speichern und wieder für den Antrieb nutzen. Als Energiespeicher kommen Batterien oder ein Schwungrad in Frage. Das Reglement begrenzt für 2009 die Obergrenze des zusätzlich abrufbaren Schubs auf 60 kW (etwa 81 PS). Insgesamt darf ein Fahrer pro Runde nicht mehr als 400 kJ abrufen. Das entspricht einem Einsatz der 60 kW über eine Dauer von knapp sieben Sekunden.
Wie sich die Systeme unterscheiden
Die technische Lösung für KERS ist vom Reglement freigestellt. Derzeit verfolgen die Formel 1-Ingenieure zwei unterschiedliche Wege: Der erste besteht in einem Schwungrad aus Kohlefaser, das mit extrem hohen Drehzahlen in einem Vakuumzylinder rotiert und über eine variable, stufenlose Übersetzung (CVT) mit dem Differenzial verbunden ist. Dieses System speichert große Mengen mechanischer Energie und bietet zusätzlich den Vorteil, dass es unabhängig vom Getriebe angeordnet werden kann. Um seine Kraft präzise zu nutzen, sind allerdings kraftvolle und entsprechend sperrige Regler erforderlich, die viel Platz in Anspruch nehmen. Die zweite
Möglichkeit: Ein Elektromotor wandelt beim Bremsen die kinetische Energie wie ein Generator in Strom um, speichert sie in Batterien und lässt sie bei Bedarf wieder in den Antriebsstrang fließen.
Die Elektromotor-Lösung
Die Mehrzahl der Teams hat sich für eine Elektromotor-Lösung entschieden, die im Wesentlichen aus drei Komponenten besteht:
- einem Elektromotor, der zugleich als MGU-Generator (Motor Generator Unit) funktioniert und zwischen Kraftstofftank und Motor verbaut ist.
- Angeflanscht direkt an die Kurbelwelle des V8, gibt er seinen Schub unmittelbar an den Antriebsstrang ab.
- Lithium-Ionen-Batterien der neuesten HVB-Generation (High Voltage Battery Pack), die Energie sehr schnell speichern und wieder abgeben.
- Eine Regeleinheit KCU (KERS Control Unit), die die Arbeit des MGU bei der Aufnahme und Abgabe von Energie steuert und kontrolliert. Die KCU ist mit dem standardisierten ECU-Zentralrechner des Fahrzeugs (Electronic Control Unit) verbunden.
Technische Herausforderungen bei der Entwicklung von KERS
Die technische Herhausforderung besteht zunächst einmal darin, mit der Masse und dem Platzbedarf des Systems umzugehen. KERS erhöht das Fahrzeuggewicht im Vergleich zum 2008er-Auto beträchtlich. Dies bedeutet, dass den Ingenieuren bei der Fahrzeugabstimmung weniger frei verschiebbarer Ballast zur Verfügung steht. Zum anderen ist eine effiziente Kühlung der Batterien unverzichtbar – dafür musste ein spezielles System konstruiert werden.
Die Batterien im Auto
Je nach F1-Bolide befinden sich die Batterien unterhalb des Kraftstofftanks. Einige Teams gruppieren sie direkt unter den Beinen des Fahrers oder in den Seitenkästen.
Viele Teams liegen in der KERS-Entwicklung weit hinter ihrem eigenen Zeitplan
Das Zeitfenster für die Entwicklung und den Bau dieses Systems war mit 18 Monaten von Beginn an sehr knapp bemessen. Dies schränkte die Zahl der möglichen Projekt- und Vorstudien deutlich ein. Einige Teams gerieten in Terminprobleme, auch weil sie den Entwicklungsaufwand für die von ihnen jeweils präferierten Lösungen unterschätzt haben. Zugleich erwies sich die Sicherheit als sensibler Punkt: Um Fahrer und Mechaniker vor gefährlichen Stromstößen zu schützen, wurden umfangreiche Sicherheitstrainings nötig. Darüber hinaus musste auch in den Workshops eine völlig neue Infrastruktur mit speziellen Prüfständen und geschultem Personal geschaffen werden.
Sorgt KERS für spannendere Rennen?
Wenn alle Teams KERS auf dieselbe Weise einsetzen – also die gleiche Zusatzleistung am selben Ort über einen identischen Zeitraum abrufen – ergibt sich für niemanden ein Vorteil. Andererseits wird es ein enormes Handicap sein, 2009 ohne KERS zu starten.